Die Lebensmittelindustrie steht vor einer der größten Umwälzungen ihrer Geschichte: Plant-based ist das Gebot der Stunde. Davon zeugte die internationale „New Food Conference“, bei der sich Ende April das Who is Who der Branche online traf. Die wichtigsten Trends im Überblick.
Klimakrise, Volkskrankheiten, Tierwohl und, nicht zuletzt, Pandemien: Das Ändern unserer Essgewohnheiten trägt massiv dazu bei, einige der größten Probleme unserer Zeit zu lösen. Darin waren sich die mehr als 50 Experten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik einig, die am 28. und 29. April auf der internationalen New Food Conference über die Ernährung der Zukunft sprachen. Unter ihnen waren Josh Tetrick, CEO von Eat Just, Will Schafer von Beyond Meat, Rosie Wardle von Synthesis Capital, Stefan Nolte von Migros, Cecilia McAleavey von Oatly und viele andere mehr.
Doch wie lassen sich Konsumenten überzeugen, Neues zu probieren? Woher kommen die Zutaten für die Lebensmitteln von morgen? Und welche Produkte schaffen es in die Regale der Supermärkte? Über 400 Teilnehmer aus aller Welt verfolgten die Diskussionen und Vorträge am Bildschirm. Viele von ihnen vereinbarten Online-Meetings und besuchten die Aussteller in virtuellen Räumen – darunter spannende Startups wie Vly und Better Nature sowie die Sponsoren des Events, Rügenwalder Mühle, Simply V und Döhler.
Die 8 wichtigsten Ernährungs-Trends:
- Die Corona-Pandemie beschleunigt den Trend zu pflanzlichen Proteinen.
Die Nutzung von Tieren für die Lebensmittelproduktion ist der größte Risikofaktor für das Entstehen von Pandemien. Damit wächst die Dringlichkeit, Fleisch, Milch und Eier aus der Wertschöpfungskette zu streichen. Bis 2035 wird jede zehnte Mahlzeit aus alternativen Proteinen bestehen, prognostiziert eine Studie von Boston Consulting und dem Investor Blue Horizon.
- Neue Technologien und Inhaltsstoffe machen Plant-based immer besser.
Um die breite Masse der Konsumenten zu erreichen, müssen pflanzliche Alternativen vertraute Geschmackserlebnisse, Texturen und Zubereitungsarten bieten. Möglich machen es neue Technologien und pflanzliche Inhaltsstoffe, vor allem auf Basis von Hafer und Soja. Weitere sind im Kommen, wie zum Beispiel Erbsenprotein. Generell gilt: nachhaltig, gesund und natürlich soll es sein.
- Fischalternativen sind das nächste große Ding.
Was vor einigen Jahren der Veggie-Burger war, ist heute der vegane Fisch: Binnen zwei Jahren hat sich der Umsatz mit pflanzlichen Fischalternativen in Deutschland mehr als versechsfacht. Der Film „Seaspiracy“ über leergefischte und verschmutzte Meere verleiht pflanzlichen Fischstäbchen, Lachsfilets & Co. gerade zusätzlichen Auftrieb. Startups in aller Welt tüfteln an Fisch und Meeresfrüchten aus Zellkulturen oder pflanzlichen Proteinen.
- Vegan sein allein reicht nicht: Alternativen sollen gut schmecken, clean und regional sein.
Für nachhaltig orientierte Einzelhandelsriesen wie Migros und Carrefour ist Plant-based der Schlüssel, um ihre Klimaziele zu erreichen – und um die wachsende Nachfrage der Konsumenten zu bedienen. Insbesondere pflanzlicher Fisch und Käse sind angesagt. Der Anspruch an die Produkte wächst: in Sachen Geschmack, „saubere“ Zutatenlisten, regionale Herkunft – und erschwingliche Preise.
- Fleisch aus Stammzellen kommt auf den Teller.
Vergangenen Dezember genehmigte Singapur als erstes Land den Verkauf von Fleisch aus Stammzellen, für das kein Tier geschlachtet werden muss. Noch allerdings liegt der Preis deutlich über herkömmlich erzeugtem Fleisch. Ändern kann das nur die Produktion im großen Stil. Und eine Politik, die die alte Fleischwirtschaft nicht länger stützt – und kultivierte Alternativen fördert.
- Pflanzen machen die besseren Eier.
Zum Eierlegen braucht man heute keine Hühner mehr: pflanzliche Produkte, ob flüssig oder als Pulver, ersetzen Ei in Omeletts, Panaden, Quiches und Kuchen. Möglich machen es alternative Proteine, etwa aus Erbsen, Kartoffeln, Lupinen oder Mungobohnen. Nordamerika ist derzeit der größte Markt, der Umsatz mit Ei-Alternativen hat sich 2019 fast verdreifacht. Die Expansion des Marktführers Eat Just nach Asien und Europa steht bevor.
- Fleischalternativen für Fleischesser, nicht für Vegetarier.
Der Markt für Fleischersatzprodukte entwickelt sich dynamischer denn je. Nach Prognosen der Unternehmensberatung Kearney werden pflanzliche Alternativen bis 2030 rund ein Drittel der Fleischprodukte ersetzen. Rügenwalder Mühle, Marktführer in Deutschland, macht bereits heute mehr Umsatz mit Fleischalternativen als mit klassischem Aufschnitt oder Teewurst. Wichtigste Zielgruppe ist die stetig wachsende Zahl der Flexitarier.
- Die Lebensmittelindustrie findet Lösungen, die Verbraucher nehmen sie an.
Immer mehr Unternehmen erkennen die Notwendigkeit und das Potenzial, den wachsenden Hunger der Weltbevölkerung auf ressourcenschonende Weise zu stillen. Sie finden Lösungen, auch wenn gesetzliche Beschränkungen noch bremsen. Je besser und erschwinglicher die neuen Produkte werden, desto leichter fällt es Verbrauchern, ihr Verhalten zu ändern – und sich für Plant-based zu entscheiden.
Follow-up Event im Oktober
Die nächste New Food Conference findet am 10./11. Oktober im Rahmen der Anuga-Messe in Köln statt. Im Fokus: kultivierte Proteine – von zellulärer Landwirtschaft über Fermentationsverfahren bis zu Hybrid-Produkten aus pflanzlichen und zellkultivierten Bestandteilen. Mehr Infos: https://www.new-food-conference.com/cologne
(Pressemeldung für Pr0Veg)