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Alles Käse, oder?

Zu Joghurt, Sahne, Quark und Käse gibt es immer mehr spannende pflanzliche Alternativen. Wir haben einige probiert.

 

Auf Fleisch zu verzichten, fällt vielen nicht allzu schwer. Aber auf Käse, Sahne und Joghurt? Das geht selbst Hipstern zu weit, die ihren Latte längst mit Sojamilch genießen. Ich selbst, von klein auf Vegetarierin, habe früher Milchprodukte in rauen Mengen verputzt: Familien-Joghurtbecher als Snack, Sahne zum Kuchen, Schafskäse im Salat, Frischkäse auf dem Brot, Gouda auf der Pizza – lecker! Dass Käse oft nicht mal vegetarisch ist, weil er mit Lab aus Kälbermagen gewonnen wird, hatte ich wohl irgendwie verdrängt.

 

Nun bin ich schon lange Veganerin, aber die wenigen veganen Käse-Alternativen, die es vor einigen Jahren zu kaufen gab, haben mich nicht wirklich überzeugt. Zu viele fragwürdige Inhaltsstoffe, zu teuer und vor allem: zu wenig Geschmack. Doch es hat sich viel getan: Sojabohnen, Mandeln, Cashews, Kokos, Hafer, Hanf, Lupinen – die Hersteller veganer Milchprodukte werden immer erfinderischer, wenn es um Alternativen zur Kuhmilch geht. Viele dieser Rohstoffe sind von Natur aus eiweißreich und enthalten gesunde Fette. Und die aus Pflanzen gewonnene Milch lässt sich genau wie die vom Tier mit Hilfe von Bakterienkulturen fermentieren, also reifen – zu Joghurt, Sahne und sogar Käse.

 

Kokosnuss und Sojabohne statt Eutersekret

 

Inzwischen gibt es veganen Schmelz- und Hartkäse, Frischkäse, Parmesan und Mozzarella, Schafskäse, süße und saure Sahne, zig Joghurt- und Quarksorten. Allerdings dürfen sie nicht so heißen: Diese Bezeichnungen sind ausschließlich Produkten aus der „normalen Eutersekretion“ von Tieren vorbehalten, das hat der Europäische Gerichtshof vergangenen Juni entschieden – angeblich, um Verbraucher vor Verwechslungen zu schützen. Deshalb kommen die veganen Produkte nun meist mit sperrigen Umschreibungen daher. Doch davon lasse ich mich nicht abschrecken und probiere mich durch das große Angebot an veganen Milchprodukten – pardon: Milchprodukt-Alternativen. Wie schmecken sie wirklich? Was ist drin? Und wofür nimmt man was am besten?

 

Den Anfang macht ein Kokosjoghurt von Harvest Moon. Die ganze Kokosnuss, die laut Hersteller in jedem Becher steckt, schmecke ich nicht. Dafür aber eine cremig-leichte, säuerliche Frische wie es sich für einen „richtigen“ Joghurt gehört. Von fiesen Zusatzstoffen keine Spur, auch Zucker ist nicht zugesetzt. Das schmeckt meinen Kindern nur mittel – zum Glück, bei dem Preis. Als nächstes löffle ich mich durch die Quark-Alternative von Provamel. Sie ist ebenfalls zuckerfrei, passt also auch gut zu Pellkartoffeln, ist leicht säuerlich und cremig – wie Joghurt, nur etwas dicker. Zwischen ihr und der deutlich festeren, säuerlichen Quark-Alternative von Soyananda liegen Welten. Diese kommt herkömmlichem Quark am nächsten: In Lake schwimmend, sieht sie aus und schmeckt wie der Quark frisch vom Bauernhof. Nur die Fruchtsorten sind leicht mit Apfeldicksaft gesüßt. Zudem ist dieser „Quark“ nicht pasteurisiert – die beim Fermentieren entstandenen, gesunden Milchsäurebakterien sind also noch quicklebendig. Das macht den Soyananda-Quark auch für Rohköstler interessant.

 

Fest und rahmig wie der gute alte Philadelphia

 

Während veganer Quark erst vor ein, zwei Jahren auf den Markt kam, gibt es pflanzlichen Frischkäse schon länger. Mit Grausen erinnere ich mich an die ersten Vertreter dieser Zunft: grau und krümelig, sie rochen und schmeckten wie Mörtel. Der „Streichgenuss“ von Simply V aus Mandeln und Kokosöl dagegen ist glänzend weiß und fühlt sich sehr glatt an im Mund. Der Geschmack ist eher schwach und hat mit Frischkäse pur auf dem Brot wenig gemein. Ganz anders die fermentierte, nicht pasteurisierte Frischkäse-Alternative von Soyananda: Das Bio-Produkt schmeckt säuerlich-frisch und ist von fester, rahmiger Konsistenz, ganz wie der gute alte Philadelphia.

 

Auch vegane Sahne ist in verschiedenen Ausführungen zu haben, der Klassiker ist CreSoy von Natumi. Doch selbst mit viel Sahnesteif und Ausdauer lässt sich die Bio-Sojasahne nicht aufschlagen. In Desserts ist sie lecker, doch zu herzhaften Gerichten passt sie nicht, weil sie süßen Maissirup enthält. Noch süßer, aber immerhin schon fertig aufgeschlagen ist die Sprühsahne von Soyatoo – wenn sie denn aus der Dose kommt, was mir nur bei höchstens einem Drittel des Inhalts gelang. Praktischer ist da Schlagfix von Leha im Tetrapack. Die ungesüßte Sojasahne lässt sich wunderbar aufschlagen und vielseitig einsetzen, mit etwas Sahnesteif sogar für Tortendekorationen. Und zu saurer Sahne oder Schmand gibt es sogar eine Bio-Alternative: den stichfesten Soyananda Sauerrahm. Sein fein säuerlicher, milder Geschmack ist perfekt sowohl für Süßspeisen als auch für Saucen, Dips und Aufläufe.

 

Pizza mit saftigem, Fäden ziehendem Käse

 

Kommen wir zur Königsdisziplin, dem Käse. Eine Pizza mit saftigem, Fäden ziehendem Käse? Auch das geht inzwischen vegan. Mit dem Schmelzgenuss von Simply V allerdings erst unterm Grill bei Temperaturen ab 220° C. Anders der Pizzaschmelz von Wilmersburger – jedenfalls, wenn man die Käseraspel direkt auf die Soße gibt: Läuft! Aufs Brot sind die Wilmersburger Scheiben eine gute Alternative, die Sorte „Classic“ schmeckt etwa wie Butterkäse. Deutlich kräftiger im Geschmack und sogar mit käsigem Geruch sind die „Genießerscheiben“ von Simply V. In „Natur“ erinnern sie an jungen Gouda. Wer es noch würziger liebt, dem ist der „No-Muh“-Schnittkäse von Vegusto zu empfehlen: Schon die milde Sorte riecht und schmeckt intensiv nach Käse. Auch ohne Kasein eindeutig mit Suchtpotenzial!

 

Noch ganz neu ist die nicht pasteurisierte „Alternative zu Griechischem BioKäse“ von Soyananda – optisch und geschmacklich einem Original-Feta täuschend ähnlich. Den „Vegibelle“ von Nagel gibt es schon länger, er schmeckt eher wie ein säuerlicher Tofu. Dafür ist er fest und bröckelig wie ein Schafskäse. Ich genieße ihn in kleine Würfel geschnitten, mit Olivenöl und Tomaten. Und denke dabei: Es gibt heute wirklich keinen Grund mehr, Kuhmamas ihre Milch wegzunehmen!

 

Der Artikel erschien zunächst in „VEGAN für mich“.

katrin