side-area-logo
„Ich ecke ungern an“

Unterhaltungsshows, Musiksendungen, Flummi-WM: Jan Köppen ist eine feste Größe im TV-Business. Der Moderator interessiert sich für viele Dinge – traut sich aber immer nur in Teilen ran, wie er sagt. Ein Gespräch über Glühbirnensammeln, Klimmzüge und die Bekanntschaft mit einem kleinen Schwein. Ein Interview von Katrin Kasper für das VEGANMAGAZIN.

 

Du moderierst die deutsche Version der TV-Sendung „Ninja Warrior“ auf RTL. Für alle, die die Show nicht kennen: Worum geht’s da?

Bei Ninja Warrior muss ein Athlet in mehreren Runden allein gegen einen Hindernisparcours und sich sozusagen von Level zu Level kämpfen, um dann im besten Falle am Ende 300.000 Euro mit nach Hause zu nehmen. Das hat bei uns aber bisher noch keiner geschafft. Tatsächlich ist der Fokus bei vielen Athleten auch nicht das Geld – und das ist schön zu sehen. In Amerika läuft Ninja Warrior schon einige Jahre mehr und ist eine Riesenshow. Dort haben bisher zwei Athleten gewonnen.

 

Du warst ja selbst schon mal Teilnehmer in der spanischen Sendung. Was treibt einen da an?

Grundlegend glaube ich, dass Leute vor allem sich etwas beweisen und wissen wollen, wie gut sie im Vergleich zuanderen sind – ob im Fitness-Studio um die Ecke oder eben bei Ninja Warrior. Bei so einer Show sind dann auch noch Kameras dabei, Publikum und schreiende Moderatoren. Das macht es nicht einfacher. Mich hat es einfach gereizt herauszufinden, mit wem ich mich in meinem Alter noch messen kann, ob ich den Parcours bezwingen kann. Und wie sich das anfühlt, so eine Leistung auf den Punkt abliefern zu müssen.

 

Du hast richtig gut abgeschnitten. Aber auf Deiner Website bezeichnest Du Dich nicht als Sport-Crack, sondern als „Hausmann“. Machst Du daheim Klimmzüge mit Feudel und Kochlöffel?

Ich habe tatsächlich eine Klimmzugstange in meiner Wohnung und mache viel Sport, ja. Und Kochen kann ichzumindest ein bisschen, wenn auch nicht ständig. Außerdem habe ich einen gewissen Ordnungsfimmel: Ich muss immer alles gerade liegen haben. Ansonsten ist das Hausmann-Ding aber mehr mit einem Augenzwinkern gemeint.

 

So wie das Glühbirnen-Sammeln angeblich ein Hobby von Dir ist?

Das hat gar keinen tieferen Sinn. Ich finde nur die Vorstellung schräg, ein Glühbirnen-Sammler zu sein. Ich habe noch nie einen getroffen, aber wenn jemand Glühbirnen sammelt, muss der ein unfassbar starkes Interesse für diese eine Sache haben. Das glatte Gegenteil von mir: Ich habe ganz viele Interessen, traue mich da aber immer nur in Teilen ran.

 

Auf Facebook unterstützt Du auch alles Mögliche: Wasserinitiativen, Organspenden, gemeinnützige Kunstprojekte. Wann wirbst Du endlich für den Verzicht auf Tierprodukte?

Wenn ich das für mich geschafft habe. Fleisch esse ich schon seit Jahren nicht mehr, aber andere tierische Produkte sind noch dabei – kaum Milchprodukte, aber Eier ab und zu. Auf dem Weg bin ich auf jeden Fall, aber dafür werben könnte ich erst, wenn ich das auch wirklich zu hundert Prozent in meinem Alltag integriert habe. Sonst wäre ich nicht glaubwürdig. Gerade bei dem Thema könnte ich es nicht mit mir vereinbaren, etwas zu propagieren, was ich selbst nicht konsequent tue.

 

Warum hast Du Dich gegen Fleisch entschieden?

Vor sechs Jahren waren meine Freundin und ich im Urlaub in Thailand. Da wollten wir aus hygienischen Gründen kein Fleisch essen. Und dann haben wir auch noch ein Schwein kennengelernt. (Lacht.) Es klingt absurd, aber wir haben tatsächlich auf einer Insel ein kleines Schwein kennengelernt, so vier, fünf Wochen alt. Das haben wir dann jeden Tag besucht – ein ganz soziales Wesen, das sogar auf meinem Arm geschlafen hat. Und uns wurde klar, dass es absurd ist, wie selbstverständlich solche Tiere zu verspeisen. Seitdem haben wir kein Fleisch mehr gegessen.

 

Ist Dir der Verzicht schwer gefallen?

Hätte man mich vor acht Jahren gefragt, was mein Lieblingsessen ist, hätte ich wirklich gesagt: „Fleisch“. Ich war einfach Konsument, ohne mir Gedanken über den Preis und auch Qualität zu machen. Doch von einem Moment auf den nächsten hatte ich plötzlich keine Lust mehr drauf. Auch meinem Körper fehlt nichts, das ist ganz schön zu beobachten. Ich glaube, viele Menschen tragen das Bewusstsein in sich, dass man, nur weil man „stärker“ ist, sich ja nicht unbedingt über die Natur stellen muss. Und bei Experimenten, in denen Fleisch ein Gesicht bekommt, sagen viele: „Nein, ich will die Wurst nicht“. Aber im Alltag machen sich die Menschen eben nicht gerne bewusst, was sie da eigentlich essen.

 

Und wie ist es mit Fisch? Das sind doch auch soziale Wesen.

Ich esse zwar manchmal noch Fisch, aber nur selten. Ich weiß, das klingt doof, aber das ist bei mir wie bei vielen noch verankert, dass Fisch nicht so emotionalisiert wie andere Tiere. Obwohl Richard David Precht das am Beispiel eines Oktopus gut erklärt hat: so ein schlaues Wesen, wird aus dem Meer gefischt und gegessen. Ich habe auch Artikel über die Massentierhaltung gelesen und Dokumentationen über die Milchproduktion gesehen. Und frage mich dann natürlich: Was machen wir hier eigentlich? Wenn man konsequent wäre, müsste man wirklich sagen: Jeder sollte vegan leben, dann wäre alles ein bisschen besser. Aber ich merke an mir selbst, wie schwer es ist, sich zu hundert Prozent dafür zu entscheiden.

 

Was müsste denn passieren, damit Du Dich zu hundert Prozent dafür entscheidest?

Dieses Zwischendurch-Ding fällt mir schwer. In unserem Kühlschrank ist fast alles vegan – kein Fleisch, der Joghurt aus Kokos. Aber unterwegs und wenn ich reise, zum Beispiel am Bahnhof, ist bei mir das Bewusstsein in dem Moment einfach nicht so präsent – da bin ich auch bequem. Das gebe ich zu. Darum habe ich auch so viel Respekt vor denen, die das immer wieder im normalen Alltag hinkriegen. Denn da wird es einem immer noch nicht so leicht gemacht: Da kommt die Frage, ob man ein Käse- oder ein Salamibrötchen will, und man greift zum Käsebrötchen. Oder es gibt die Laugenstange – inwieweit die dann vegan ist, weiß ich nicht.

 

Neulich in einer Radiosendung hast Du Dir Barbara Schönebergers Waffeln schmecken lassen. Waren die denn vegan?

Das weiß ich gar nicht. Aber das ist genau der Punkt: Im Alltag vergisst man immer wieder, dass etwas auch in vegan möglich ist, und die Frage danach berechtigt ist. Das zeigt mir, dass ich mein Bewusstsein schärfen sollte, damit ich auch in solchen Momenten dran denke. Auf der anderen Seite bin ich aber auch ein sehr harmoniebedürftiger Typ, der ungern aneckt. Irgendwo in einem kleinen Restaurant, wo vegan noch gar nicht angekommen ist, zu fragen, was wo drin ist und ob man das anders haben kann – da hätte ich tatsächlich eine gewisse Hemmschwelle. Allerdings nicht derart, dass ich das Schnitzel nehmen würde.

 

Diese Scheu kennen ja viele. Warum kann eine „Rampensau“ wie Du sie nicht überwinden?

Auch wenn ich bei meiner Moderationsarbeit viel im Mittelpunkt stehe, mag ich das privat nicht so. Und in dem Moment, wo ich das Thema Vegan auf den Tisch bringe, mache ich das natürlich. Das bringt einfach eine gewisse Dynamik in die Runde, die je nach Konstellation auch zu Spannungen führen kann. Ich würde das nicht wollen, aber wer zu tausend Prozent dahintersteht, geht damit auch wieder ganz anders um.

 

Hast Du auch schon erlebt, dass sich Leute an Dir ein Beispiel nehmen?

Viele sagen: „Ist ja super, habe ich eigentlich auch die ganze Zeit vor. Wir essen auch viel weniger Fleisch und kaufen das immer gut ein.“ Ich glaube, viele Leute beschäftigen sich mehr mit dem Thema als man denkt. Und wissen auch, dass der Lebensstil, den sich unsere Welt angeeignet hat, eigentlich nicht mehr zeitgemäß ist. Aber es steckt seit Generationen so in den Menschen drin, dass es sehr vielen einfach ganz schwerfällt, etwas zu verändern.

 

Wie hältst Du es mit Kleidung und Kosmetik – achtest Du da auf vegan?

In Teilen. Aber auch da ist es wieder so: was ist man gewöhnt? Das soll auch keine Ausrede sein, aber es geht immer um Bewusstsein. Lederschuhe habe ich kaum noch. Bei Stoffen weiß ich gar nicht, ab wann was vegan ist – damit habe ich mich noch nicht beschäftigt.

 

Du hast ja mal Deinen CO2-Abdruck gemessen. Hast Du daraufhin was verändert?

Ja. Das war sehr einschneidend: Ich fahre im Job jetzt nur noch Bahn. Früher war es spannend, mit dem Flugzeug zu pendeln. Aber ich habe gemerkt, dass das ziemlich dämlich ist, wenn es nicht sein muss. Und wenn ich bei dem Thema mitreden will, dann muss ich auch in meinem Leben etwas ändern. Und dazu gehört auch immer auf etwas zu verzichten. In Fall der Bahn einfach etwas mehr Zeit einzuplanen. Auch bei Urlaubsreisen fragen wir uns jetzt: Ist Fliegen noch zeitgemäß?

 

In Deinem Job bespaßt Du die Leute und nimmst an Poker-Shows und Flummi-Weltmeisterschaften teil. Wie passt das zu Deiner ernsthaften Seite?

Mir fällt es oft schwerer, über ernste Themen zu reden, der Witz ist immer irgendwie leichter als die Tiefe. Heißt aber nicht, dass ich nicht auch in die Tiefen gehen kann. Aber ich fühle mich mit der Unterhaltung sehr wohl. Aber auch, weil zwei Stunden Spaß etwas Schönes sind: Es ist wichtig, dass wir lachen und mal nicht an das denken, was auf der Welt Schlimmes passiert. Wir werden jeden Tag zugeballert mit Informationen und Reizen – jeder versucht, das irgendwie zu kanalisieren und einzuordnen. Das fällt vielen unfassbar schwer, es wird rumgebrüllt und Hass ins Netz gekippt. Ich glaube, auch weil alle so überlastet sind. Wie ein Prozessor, der eigentlich weiß, dass seine Leistungsgrenze erreicht ist – aber er muss die ganze Zeit laufen.

 

Du machst Musik und malst. Deine Art, mit dem Overflow klar zu kommen?

Irgendwie ist das für mich basteln: etwas zu erschaffen wie in Kindertagen – einen Text, Musik am Computer oder auch ein Bild, das ich male. Das Malen ist für mich eine Herzensangelegenheit. In der Kunstwelt glaubt man ja oft, jemand müsse das gelernt haben, um es überhaupt zur dürfen. Aber ich war schon immer Autodidakt und habe mich als Kind hingesetzt, Superhelden gemalt, irgendwann gesprüht, später eine Leinwand gekauft und mich darauf ausgedrückt. Vor ein paar Jahren habe ich mir ein Atelier genommen, da male ich regelmäßig. Es ist mehr als ein Hobby und natürlich wünsche ich mir, dass meine Bilder gesehen werden. (Lacht.) Meine letzte Ausstellung in der Galerie im Venet-Haus in Ulm lief aber schon mal super.

 

Zur Person

Jan Henryk Köppen ist 36 Jahre alt, er wuchs in Gießen auf. Nach drei Semestern BWL und Jura machte er ein Praktikum beim Musiksender Viva, kurze Zeit später stand er dort als Moderator vor der Kamera. Es folgten diverse Formate auf ZDF Neo, sixx und RTL – darunter die Grimme-Preis-nominierte Wissenssendung „Yps“, die Comedy-Serie „Was wäre wenn?“ und die Tanzshow „Dance Dance Dance“. Seit 2016 moderiert er die deutsche Ausgabe der Spiel-Show „Ninja Warrior“. Jan Köppen lebt in Berlin.

 

Das Interview erschien zunächst im VEGANMAGAZIN.

katrin