
Wer für pflanzliche Produkte begeistern will, muss Empathie zeigen und Verzichtsängste charmant entkräften – statt zu belehren oder zu moralisieren.
Mit den Zielgruppen stehen die Empfänger unserer Kommunikation. Mit der Positionierung haben wir das erwünschte Image des Produkts oder der Marke festgelegt. (Siehe Teil 1 und 2 unserer Serie.) Aber Kommunikation braucht natürlich auch Inhalte. Was muss wie erzählt werden, um die Zielgruppe zu erreichen? Oder genauer: Welche Themen und Botschaften sollen vom Sender zum Empfänger gelangen? Und in welcher Tonalität kommunizieren wir mit unseren Zielgruppen? Schließlich kommt es bei der Kommunikation auch auf Sprachstil und Form an.
Charmant statt dogmatisch: Wie vegane Marken wirklich überzeugen
Im Kampf um Aufmerksamkeit zählt jede Formulierung. Menschen lassen nur durch, was ihren Nerv trifft – und was ihnen irgendeinen Nutzwert bietet. Und sei es nur Unterhaltung. Kommunikation darf dabei vor allem eins nicht sein: austauschbar. Marken wie Oatly heben sich ab: Der Hafermilchhersteller setzt auf einen ironischen, unterhaltsamen Stil mit Wiedererkennungswert – bis hinein in Verpackungstexte.
Unverwechselbarkeit entsteht durch Charakter, Haltung und Konsistenz. Dabei sollten Unternehmen Herausforderungen nicht verschweigen, sondern ihnen kommunikativ begegnen. Könnte der hohe Preis ein Nachteil sein? Dann muss die Qualität ins Zentrum rücken, oder der (teure) Standort Deutschland. Offenheit schafft Vertrauen. Gerade für kleine Marken ist Glaubwürdigkeit existenziell.
Ewas sagen, ohne zu urteilen
Aber Fakten allein ändern nur selten Meinungen. Wer heute überzeugen will, muss emotionalisieren. Mit „Wir lieben Lebensmittel“ konnte Edeka punkten. Emotionen sind allerdings ein Tretminenfeld, vor allem wenn sie negativ konnotiert sind. Auf Mitleid mit Tieren setzen? Eher ein No-Go. Menschen wehren sich gegen alles, was ihre Identität infrage stellt – gerade beim Thema Ernährung. Kognitive Dissonanz macht Veränderung schwer.
Empathische Kommunikation wirkt dem entgegen. Sie vermittelt Zugehörigkeit statt Ausgrenzung, weckt Neugier statt Schuldgefühle – und ähnelt eher einem Flirt als einem Streit. Sie schafft soziale Sicherheit und öffnet den Weg zu neuen Entscheidungen. „Schon probiert? Unsere knackigen Seitan-Würstchen sind heiß!“
Vorteile statt Verzicht
Wirkungsvolle Botschaften rücken die Vorteile pflanzlicher Ernährung in den Fokus: Genuss, Gesundheit, Einfachheit. Ohne moralischen Zeigefinger – dafür mit Lust auf Neues. Statt „Verzicht“: Lebensfreude. Statt „Ersatz“: Wahlfreiheit. Auch die Tonalität ist entscheidend. Alles, was nach Zwang oder Verbot klingt, stößt eher ab.
Begriffe wie „Gut für mich, gut für den Planeten“ sprechen Flexitarier an, ohne Fleischesser zu verurteilen. Und Marken wie Alpro („Gut gemacht!“) feiern kleine Schritte – statt Perfektion zu verlangen.
Sprache, die bewegt
Die Sprache ist am besten leicht verständlich, locker und wertfrei. Wörter wie „pflanzenbasiert“ oder „plant-based“ wirken weicher als das Wort „vegan“, das von vielen Menschen immer noch mit Verzicht oder Ideologie assoziiert wird. Klar sollte die Kommunikation trotzdem sein – idealerweise durch Siegel wie das V-Label oder Hinweise wie „100 % pflanzlich“.
Zugleich braucht es Mut zur Kreativität. Durch sprachliche Einschränkungen, etwa bei Produktbezeichnungen, wird treffende Kommunikation schnell zur besonderen Herausforderung. „Hafermilch“ darf man den milchweißen Drink aus Hafer offiziell nicht nennen. Wortneuschöpfungen, charmante Beschreibungen und klare Nutzenversprechen helfen, Produkte attraktiv zu benennen – auch ohne bekannte Begriffe wie „Käse“ oder „Joghurt“. Die Bezeichnung „Pfannenquader“ statt „veganer Leberkäse“ trägt wahrscheinlich sogar eher dazu bei, dass dieses Produkt von einer Person gekauft wird, die eigentlich kein veganes Produkt wollte.
Der Umgang mit schwierigen Begriffen kann sogar mit Augenzwinkern gelingen. Kreative Wortneuschöpfungen wie „Nusletter“ (Nu Company) oder „unicornique“ (Einhorn) bleiben im Kopf – und zeigen: Diese Marke hat Charakter und Humor.
Zum Lachen in den Kühlschrank
Gerade bei ernsten Themen wirkt Humor Wunder. Humor wirkt menschlich und verbindet: Wer zusammen lacht, versteht sich. Humor wirkt auch kompetent, denn das Publikum erkennt: Man beherrscht seinen Stoff so virtuos, dass es leicht wirkt.
So wird das vegane Hack von The Vegetarian Butcher zum „Hick-hack-hurra“. Mit dem „Frei!Burger“ von Followfood hat man „Seitan so lecker Burger gegessen“. Und der vegane Käse von Bedda trägt den Namen „Come on Bert“. Gekonnte Wortspiele zaubern Lächeln ins Gesicht und machen Marken nahbar. Selbst Kritik kann so kreativ umgedeutet werden – und sich in erfolgreiche Kampagnen verwandeln.
So kürte Greenforce das Hate-Feedback eines Facebook-Users namens Björn kurzerhand zum Slogan für ein Anzeigenmotiv. Björn hatte gepostet: „Lieber lass ich mir einen Zahn ziehen, als das zu essen“. Greenforce konterte: „Sei kein Björn. Probier’s pflanzlich!“ Offenbar mit Erfolg: Aus der Instagram-Anzeige wurde eine groß angelegte Markenkampagne Die Verfügbarkeit des Produkts im Handel stieg nach Angaben des Unternehmens um zehn Prozent.
Storys und starke Bilder
Storytelling ist ein weiteres Mittel empathischer Kommunikation. Gute Geschichten gehen unter die Haut, bleiben besser im Gedächtnis haften und werden weitererzählt. Dieser Schneeballeffekt lässt sich gut bei Social Media beobachten, wenn bestimmte Inhalte viral gehen. Gelingt es, „Heldengeschichten“ zu erzählen, Fakten mit Emotionen zu verknüpfen, am besten mit bildhafter Sprache, sprechen wir beide Hirnbereiche an: Logik und Gefühl. Das erhöht die Wirkung der Kommunikation und fördert Entscheidungen. Also erzählen Sie gern die Geschichte(n) hinter Ihren Produkten. Aber funktionierendes Storytelling ist schon ein bisschen höhere Content-Kunst.
Fest steht: Gute Kommunikation zu veganen Produkten braucht keine Dogmen, sondern Verständnis, Leichtigkeit und Kreativität. Sie zeigt: Pflanzlich ist kein Verzicht – sondern eine Einladung. Wer empathisch kommuniziert, erreicht Herzen und Köpfe gleichermaßen. Und genau darum geht es.
Dieser Beitrag ist Teil 3 der Serie „Schritt für Schritt zur Kommunikationsstrategie für pflanzliche Alternativen“. Er erschien zunächst im NEWMEAT Magazin.
Teil 2: Die Kunst der Positionierung
Teil 1: Sag mir, wer du bist – und ich sag dir, was du isst