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Die im Dunkeln sieht man nicht

In Herbst und Winter sind Kinder im Straßenverkehr besonders gefährdet. Doch für einen sicheren Schulweg bei Dunkelheit, Regen und Glätte können Eltern einiges tun – auch ohne „Taxidienste“. TÜV NORD gibt Tipps.

 

Früh morgens ziehen sie los: mit schweren Rucksäcken bepackte Schulkinder, zu Fuß, mit dem Roller, Skateboard oder Fahrrad. Mitten im hektischen Berufsverkehr, bei Wind und Wetter – im Herbst und Winter noch in der Dämmerung oder sogar im Dunkeln. Die Gefahr, im Straßenverkehr übersehen zu werden, ist für die Kleinen noch größer als für Erwachsene.

 

In der dunklen Jahreszeit sollten Eltern bei ihren Kindern daher auf helle, am besten fluoreszierende oder reflektierende Kleidung achten. Diese leuchtet im Lichtkegel der Autos bis zu 160 Meter weit. Für die heute erhältlichen Schulranzen sind ohnehin fluoreszierende Materialien in Orange oder Gelb sowie großflächige Reflektorstreifen vorgeschrieben. Eltern erkennen diese Ranzen an der DIN-Norm 58124 und geeignete Sicherheitskleidung an der Bezeichnung DIN EN 13356. Aber auch normale Jacken, Mützen und Taschen lassen sich leicht nachrüsten, indem man reflektierende Figuren oder Streifen aufbügelt oder annäht. Für noch mehr Sicherheit sorgen baumelnde „Katzenaugen“-Anhänger , deren zusätzliche Bewegung die Aufmerksamkeit besonders auf sich zieht.

 

Hilfreich bei modischen Bedenken, die manchmal schon Fünfjährige jegliche Kooperation verweigern lassen, sind spielerische Experimente: Die Mutter oder der Vater stellt sich in unterschiedlicher Kleidung an den Bordstein, das Kind im Auto mit dem anderen Elternteil versucht, sie oder ihn zu erkennen. Die konkrete Erfahrung hilft dem Kind, einen ansonsten abstrakten Zusammenhang zu begreifen.

 

Denn Kinder im Alter von sechs bis acht Jahre schließen von sich auf andere: Wenn sie selbst ein beleuchtetes Auto gut sehen können, nehmen sie an, dass auch der Fahrer sie sieht. Jüngere Kinder deuten die Scheinwerfer häufig als Augen, die alles sehen können – wie ihre eigenen Kinderaugen. Doch sogar im Hellen sind Kinder kaum in der Lage, Entfernungen und Geschwindigkeiten richtig einzuschätzen. Bei Dunkelheit ist es für sie praktisch unmöglich. Und die Reaktionszeit von Kindern ist etwa dreimal so lang wie die Erwachsener.

 

Training statt Taxi

 

Kein Wunder, dass immer mehr Eltern ihre Sprösslinge mit dem Auto zur Schule chauffieren. Eine Umfrage des Forsa-Instituts ergab, dass sich 1970 noch 91 Prozent der Grundschüler in Deutschland allein auf den Schulweg gemacht haben, im Jahr 2012 waren es nur noch 50 Prozent. Doch das Elterntaxi ist gefährlich: Auf dem Weg zur Schule kommen Kinder nicht nur zu Fuß oder auf dem Rad zu Schaden sondern auch durch das Auto. Und der Verkehr nimmt gerade in der Nähe der Schulen zu, wo viele Kinder unterwegs sind. Zudem fehlt es vielen Kindern an Bewegung, die wiederum wichtig ist für die Ausbildung psychomotorischer Fähigkeiten – die Voraussetzung für ein sicheres Bewegen im Straßenverkehr.

 

Auch Verkehrspsychologen fordern: Eltern sollten ihren Kindern etwas zutrauen. Schon Sechs- bis Siebenjährige können den Schulweg allein bewältigen. So üben sie, sich im öffentlichen Raum zu bewegen und auch kritische Situationen zu meistern. „Anfangs sollten die Eltern ihre Kinder begleiten und sie auf mögliche Gefahren hinweisen“, so Dr. Ralf Buchstaller, Psychologe bei TÜV NORD. Allerdings lassen sich Kinder schnell ablenken und verhalten sich insbesondere in Begleitung anderer Kinder risikofreudiger.

 

Buchstaller: „Oft lässt die Aufmerksamkeit der Kinder nach, wenn sie sich sicher fühlen. Und im Dunkeln, bei Nebel oder Schnee werden auch sehr vertraute Wege gefährlicher. Es ist daher sinnvoll, von Zeit zu Zeit zu überprüfen, ob das einmal Gelernte auch dauerhaft umgesetzt wird. Insbesondere im Herbst und Winter, wenn bei Nebel oder Schnee auch vertraute Wege gefährlicher werden, sollten die Eltern den Schulweg der Kinder erneut begleiten und hierbei besonders auf das Verkehrsverhalten achten.“ 
Besonders in der dunklen Jahreszeit ist es wichtig, das Kind rechtzeitig loszuschicken. Ohne Zeitnot kann ein Kind den Straßenverkehr besser wahrnehmen und es bleibt auf der sicheren Route. 
Ralf Buchstaller: „ Selbst wenn es aufgrund der schlechten öffentlichen Anbindung notwendig ist, die Kinder mit dem Auto zur Schule zu fahren, hilft es schon sehr, wenn die Kinder nicht direkt am Schuleingang abgesetzt werden, sondern die letzten paar Hundert Meter zu Fuß gehen müssen.“

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